Schneller und schöner scheitern, auch indem Du Dein Reptiliengehirn überwindest.

Deutschland hat nach wie vor ein Problem mit Scheitern. Unsere hiesige Arbeitswelt und die dadurch stark geprägten Wertvorstellungen in der Gesellschaft honorieren Erfolg durch Genialität oder Fleiß und Konformität. In anderen Ländern oder in Bereichen des neuen Arbeitens und im Start-Up-Umfeld sieht es anders aus. Zum Beispiel im Design Thinking, einer mittlerweile über 30 Jahre alten Innovationsmethode (soviel zum Thema „New“ Work…), ist Scheitern bzw. alles als Prototyp zu verstehen und immer wieder „neu zu machen“ Teil der Methode und Voraussetzung, um Innovationen überhaupt erst möglich zu machen. Scheitern ist wichtig, um schnelle Updatezyklen zu haben und um sich so iterativ passenderen Problemlösungen zu nähern. Scheitern ist somit weder Makel, noch etwas, das man vermeiden oder wovor man Angst haben muss, sondern etwas, das man zwingend braucht, um weiter zu kommen.

Da kann man sich doch fragen, woher überhaupt diese Angst vorm Scheitern kommt. Sie kommt (allerhöchstwahrscheinlich) aus dem evolutionsbiologisch ältesten Teil unseres Gehirns – dem Teil, der nach Fressen, Kampf und Geschlechtsverkehr strebt, aber in über 90% der Alltagssituation Fluchtreflexen nachgehen will: Unserem Reptiliengehirn. An oder mit diesen Fluchtreflexen kann man aber arbeiten – mit Reflexion und Übung. Denn ein großer Teil stammt aus unserer Sozialisation über ein Bildungssystem, das aus dem Industriezeitalter und der arbeitsteiligen Welt kommt und die Konformität des Fabrikarbeiters als Role Model hat. Wie das gehen kann, zeigt der US-amerikanische Autor und Speaker Seth Godin in einem spannenden Vortrag zu seinem Linchpin-Buch. Unter anderem zeigt er auf, wie man jeden Tag etwas (er)schaffen kann und damit stückweise sein Reptiliengehirn überwindet bzw. die Angst vorm Scheitern als Indikator für „Ich bin auf dem richtigen Weg!“ nutzt. Der kontinuierlichen Angst vorm Scheitern kann man so auch etwas Positives abgewinnen: Wenn wir unsere Angst überwinden oder produktiv nutzen, können wir unsere kreativen Potenziale entfalten und überwinden so den Zustand des Rädchens im Systems, die Rolle des gehorsamen, funktionierenden Fabrikarbeiters und werden so zum Künstler in unserer jeweiligen Domäne.

Das Scheitern und das Nutzen unserer Angst davor ist somit der Schlüssel zu unserer Künstlernatur. Dem Scheitern wohnt somit nicht nur etwas produktiv-kreatives, sondern auch etwas künstlerisch-ästhetisches inne. Es ist somit die Grundlage für Schönheit und Würde des Individuums. Dass dem Scheitern etwas spektakulär Schönes innewohnen kann, zeigt z.B. Erik Kessels in seinem Büchlein „Fast Pefrekt“. Leseempfehlung!

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