Pebble: Die beste gescheiterte Smartwatch.

Es war einmal ein Kickstarter-Projekt… Häufig fangen die Anthologien über das Start-Up Pebble so oder so ähnlich an. In der Tat waren die drei Kickstarter-Projekte jeweils zu ihrer Zeit zweimal das höchstfinanzierte und einmal das zweithöchstfinanzierte Projekt in der Geschichte der Crowdfundingplattform. Das „Pebble Time“ Projekt hält auch heute (Juni 2020) immer noch die Nr. 1 auf Kickstarter.

Die Wahrheit sieht meist etwas komplizierter aus als Kickstarter-Equity-Stories: Der Gründer von Pebble, Eric Migicovsky, war bereits als Start-Upper im Y-Combinator-Umfeld mit Wearables, und zwar auf der Hardwareseite unterwegs. Viele erfolglose Investorengespräche führten irgendwann zur einer schmalen Finanzierung. Der erste Weg auf die Kickstarter-Plattform war eher ein Produkt-Testlauf und ein Pre-Sale-Experiment – aber eins mit Erfolg. Die 2015/16 finale Crowdfunding-Runde mit der Pebble 2 und der Time 2 war dann nur noch das verzweifelte Greifen nach finanziellen Strohhalmen, während das Start-Up bereits in finanzielle Schieflage geraten war. Die ganze, gründlich recherchierte Geschichte kann man in sehr schön komprimierter Form hier nachschauen.

Pebble ist dennoch insofern erstaunlich, als dass das Unternehmen so kläglich gescheitert ist – und das nicht einmal spektakulär mit fliegenden Fahnen, sondern einfach nur eingegangen, die Reste von Fitbit verwertet, die Firma abgewickelt ☹️. Viele Faktoren sprachen damals aber für einen wahrscheinlichen Erfolg: Pebble kam früh zur richtigen Zeit auf den Markt (aufkommender Trend Wearables), der Gründer hatte ausgewiesene Erfahrung mit der Produktkategorie, die Uhren waren günstig und hatten ein vermarktbares Killerargument „lange Akkulaufzeit“. Dazu verfügten die Pebbles über ein offenes App-Ökosystem mit einer schnell wachsenden und begeisterten Entwicklercommunity. Tja, es hat am Ende aber nicht sollen sein – möglicherweise haben sie den richtigen Zeitpunkt zum Wechsel zum Mainstream verpasst (Skalierungsfalle).

Meine eigene kleine Pebble-Sammlung. Immer noch lauffähig dank Rebble (so lala).

Nun, die Pebble-Pleite ist mittlerweile fast vier Jahre her. Die Geräte laufen allerdings immer noch (naja, unter Android ganz gut, unter iOS ist das eher so… meh). Mit allen relevanten Serveranwendungen wie App-Store, Wetter und Voice. Aber… Wie ist das möglich?! Als Enthusiasten-Marke (s. Video-Link oben) verfügte und verfügt Pebble über eine stark emotional involvierte Community inklusive ebenso enthusiastischer Entwicklerinnen und Entwickler. Aus dieser Community entstand in kurzer Zeit – laut eigener Story war innerhalb von nur zwei Tagen die Kommunikationsinfrastruktur up-and-running – rebble.io, die Rebble-Community. Ziel: Eine alternative Serverinfrastruktur aufbauen und irgendwie die Firmware auf den Geräten austauschen. Das hat in Kooperation mit Fitbit schließlich auch geklappt, und im Juli 2018 konnten die User ihre Pebbles „umziehen“. Und auch ich war live dabei!

Ich damals. Stolz wie Bolle

Das ist und war auch alles irgendwie schön und gut, nur ein tragfähiges Konzept für die Zukunft eines Smartwatch-Ökosystems ist das sicherlich nicht. Zum Start der Rebble-Services haben ca. 177.000 Pebblers ihre Uhren auf die Rebble-Services umgezogen (von übrigens mehreren zig Millionen verkauften Uhren…), 9.000 davon haben die kostenpflichtigen Services für Wetter und Voice abonniert. Davon waren in 2019 aber nur noch ungefähr 5.800 Menschen übrig – eine fatale Dynamik in die falsche Richtung. Hinzu kommt das fundamentale Problem, dass das Rebble-Projekt bis jetzt keine neue Firmware herausgebracht hat, die die Zukunft der existierenden Pebbles über zukünftige Android- und iOS-Versionen sicherstellt. Diese Firmware würde aber nur dann Sinn machen, wenn neue Geräte und damit neue User zum Rebble/Pebble-Ökosystem hinzukämen. Davon hängt ganz fundamental das Überleben und die Attraktivität – somit die ganze Innovationskraft eines jeden Ökosystems ab. Bloß: Was bleibt von der Marke Pebble irgendwann übrig, wenn man dann nicht einmal mehr die ursprünglichen Uhren braucht? Tja…

Seit 2019 habe ich übrigens eine Apple Watch.

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