Selfmade Energiewende auf der Sonneninsel

Balkonkraftwerk an der Südseite unseres Zuhauses auf Fehmarn

Ein kleiner Beitrag zur ökologischen Energieproduktion: Auch wenn Fehmarn mit seinen Windparks bereits Nettoenergieexportregion und somit der bei uns genutzte Strom nicht nur qua Liefervertrag öko ist, gibt es seit heute noch ein paar kWh pro Jahr selbst produziert on top. Marktstammdaten erfasst und Antrag bei Netz SH eingereicht – muss ja alles seine Ordnung haben. Aber wird ja bald etwas einfacher …

Wahlblindheit. Das „choice blindness experiment“.

Schon etwas älter, trotzdem interessant: In einem Experiment in 2005 zeigt eine Gruppe um den Psychologen Petter Johannson, dass wir Entscheidungen häufig erst postrationalisieren. Das heißt im Umkehrschluss, dass Effekte wie soziale Erwünschtheit oder Confirmation Bias die eigene Wahl überlagern und wir diese häufig verdrängen. Die Probanden fabulieren Begründungen für Ihre nicht-eigenen Entscheidungen. Heißt unter Umständen auch, dass Entscheidungen im Sinne von „Choices“ durch emotionale Anker stark beeinflusst werden können.

Hier der Original-Post via Boing Boing:

From our friends at Futility Closet: In a 2005 experiment, psychologist Petter Johansson and his colleagues presented each subject with two photographs of women’s faces and asked which they found more attractive. In each case the experimenter then presented the “chosen” photograph and asked the subject to explain their choice. But in fact, using sleight…
— Weiterlesen boingboing.net/2021/07/12/watch-people-trick-themselves-in-a-choice-blindness-experiment.html

Die Zukunft des CMO – Marketing ganz, wirklich ganzganz neu.

Heute habe ich per Newsletter ein Newsbit von der DMEXCO von 2019 bekommen: Die Neudefinition der Rolle des CMO angesichts von Digitalisierung, KPI-getriebenem Marketing, Voice, AI, Automatisierung, Programmatic brabrabra… Das Thema wurde diskutiert im Panel mit Serviceplan-Chef Florian Haller als Moderator. Eine gemischt gute Runde spricht über das, was im Jahr 2019 und darüber hinaus für den Marketingchef relevant ist und was er / sie so mitbringen muss. Das Ganze ist ein wenig lang, aber stellenweise durchaus sehenswert. Wer ein halbes Stündchen Zeit hat, kann sich das Video bei Youtube anschauen.

TL;DR – hier meine Synopsis: Kreativität bleibt Primat des Marketing, neue Technologien können dabei helfen, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren. Ein bisschen geht unter, dass bei aller Aufregung um digitalisiertes Marketing („digitales Marketing“ oder „Digitalmarketing“ sind m.E. blödsinnige Begriffe – das macht echt keinen Sinn) die Kernaufgaben des CMO dieselben bleiben: Marke aufbauen und erlebbar machen, Kundenbedürfnisse verstehen und Marke und Kundenfokus im Unternehmen verankern. Das Thema „Sales treiben“ gehört m.E. in den Aspekt „Kundenwünsche verstehen und bedienen“. Bums, aus. Same old story – nur eben mit tollen neuen Tools.

Was mich bei Veranstaltungen wie der DMEXCO und solchen Panels – oder bei Marketingmenschen generell – immer ein bisschen wundert, ist diese pawlowsche Aufgeregtheit oder auch Panik um neue Tools (ach, das gibt es wahrscheinlich in jeder Branche…). Dabei ist der Job des Marketers auch bei geänderten Rahmenbedingungen, egal ob mit oder ohne digitale Tools, ob im Corona bedingten Home Office oder im Büro, ob in FMCG, Automotive oder in der Muckibudenkette, eigentlich derselbe: Anwältin / Anwalt der Kund*innen und Nutzer*innen der Marke sein, diese Beziehungen herstellen und managen, die eigene Organisation auf Kund*innen und Marke trimmen und immer gucken, ob das eigene Tun marktrelevant ist (weil ohne Moos nix los).

Bitte nicht falsch verstehen, das ist absolut kein Rant gegen Digitales. Weit gefehlt! Ich bin mit digitalen Möglichkeiten „groß geworden“ und freue mich jeden Tag darüber, im Heute statt vor 10, 20 Jahren Marketing zu machen. Ich finde jede disruptive Technologie spannend und habe darin immer das starke „Übergewicht“ von Vorteilen und Chancen gesehen. Nur das ganze Bohei um Digitales und die ewige Selbstfeierei der Branche stehen meiner Meinung nach in einem Missverhältnis zur Nüchternheit der Marketingpraxis und verstellen häufig den Blick auf die eigentlichen Erkenntnisse.

Kurz nach dem Video, dem Ordnen dieser Gedanken bei ein paar Atemzügen auf dem Balkon bekam ich dann unerwarteten, sehr entspannten Besuch ??

Pebble: Die beste gescheiterte Smartwatch.

Es war einmal ein Kickstarter-Projekt… Häufig fangen die Anthologien über das Start-Up Pebble so oder so ähnlich an. In der Tat waren die drei Kickstarter-Projekte jeweils zu ihrer Zeit zweimal das höchstfinanzierte und einmal das zweithöchstfinanzierte Projekt in der Geschichte der Crowdfundingplattform. Das „Pebble Time“ Projekt hält auch heute (Juni 2020) immer noch die Nr. 1 auf Kickstarter.

Die Wahrheit sieht meist etwas komplizierter aus als Kickstarter-Equity-Stories: Der Gründer von Pebble, Eric Migicovsky, war bereits als Start-Upper im Y-Combinator-Umfeld mit Wearables, und zwar auf der Hardwareseite unterwegs. Viele erfolglose Investorengespräche führten irgendwann zur einer schmalen Finanzierung. Der erste Weg auf die Kickstarter-Plattform war eher ein Produkt-Testlauf und ein Pre-Sale-Experiment – aber eins mit Erfolg. Die 2015/16 finale Crowdfunding-Runde mit der Pebble 2 und der Time 2 war dann nur noch das verzweifelte Greifen nach finanziellen Strohhalmen, während das Start-Up bereits in finanzielle Schieflage geraten war. Die ganze, gründlich recherchierte Geschichte kann man in sehr schön komprimierter Form hier nachschauen.

Pebble ist dennoch insofern erstaunlich, als dass das Unternehmen so kläglich gescheitert ist – und das nicht einmal spektakulär mit fliegenden Fahnen, sondern einfach nur eingegangen, die Reste von Fitbit verwertet, die Firma abgewickelt ☹️. Viele Faktoren sprachen damals aber für einen wahrscheinlichen Erfolg: Pebble kam früh zur richtigen Zeit auf den Markt (aufkommender Trend Wearables), der Gründer hatte ausgewiesene Erfahrung mit der Produktkategorie, die Uhren waren günstig und hatten ein vermarktbares Killerargument „lange Akkulaufzeit“. Dazu verfügten die Pebbles über ein offenes App-Ökosystem mit einer schnell wachsenden und begeisterten Entwicklercommunity. Tja, es hat am Ende aber nicht sollen sein – möglicherweise haben sie den richtigen Zeitpunkt zum Wechsel zum Mainstream verpasst (Skalierungsfalle).

Meine eigene kleine Pebble-Sammlung. Immer noch lauffähig dank Rebble (so lala).

Nun, die Pebble-Pleite ist mittlerweile fast vier Jahre her. Die Geräte laufen allerdings immer noch (naja, unter Android ganz gut, unter iOS ist das eher so… meh). Mit allen relevanten Serveranwendungen wie App-Store, Wetter und Voice. Aber… Wie ist das möglich?! Als Enthusiasten-Marke (s. Video-Link oben) verfügte und verfügt Pebble über eine stark emotional involvierte Community inklusive ebenso enthusiastischer Entwicklerinnen und Entwickler. Aus dieser Community entstand in kurzer Zeit – laut eigener Story war innerhalb von nur zwei Tagen die Kommunikationsinfrastruktur up-and-running – rebble.io, die Rebble-Community. Ziel: Eine alternative Serverinfrastruktur aufbauen und irgendwie die Firmware auf den Geräten austauschen. Das hat in Kooperation mit Fitbit schließlich auch geklappt, und im Juli 2018 konnten die User ihre Pebbles „umziehen“. Und auch ich war live dabei!

Ich damals. Stolz wie Bolle

Das ist und war auch alles irgendwie schön und gut, nur ein tragfähiges Konzept für die Zukunft eines Smartwatch-Ökosystems ist das sicherlich nicht. Zum Start der Rebble-Services haben ca. 177.000 Pebblers ihre Uhren auf die Rebble-Services umgezogen (von übrigens mehreren zig Millionen verkauften Uhren…), 9.000 davon haben die kostenpflichtigen Services für Wetter und Voice abonniert. Davon waren in 2019 aber nur noch ungefähr 5.800 Menschen übrig – eine fatale Dynamik in die falsche Richtung. Hinzu kommt das fundamentale Problem, dass das Rebble-Projekt bis jetzt keine neue Firmware herausgebracht hat, die die Zukunft der existierenden Pebbles über zukünftige Android- und iOS-Versionen sicherstellt. Diese Firmware würde aber nur dann Sinn machen, wenn neue Geräte und damit neue User zum Rebble/Pebble-Ökosystem hinzukämen. Davon hängt ganz fundamental das Überleben und die Attraktivität – somit die ganze Innovationskraft eines jeden Ökosystems ab. Bloß: Was bleibt von der Marke Pebble irgendwann übrig, wenn man dann nicht einmal mehr die ursprünglichen Uhren braucht? Tja…

Seit 2019 habe ich übrigens eine Apple Watch.

Schneller und schöner scheitern, auch indem Du Dein Reptiliengehirn überwindest.

Deutschland hat nach wie vor ein Problem mit Scheitern. Unsere hiesige Arbeitswelt und die dadurch stark geprägten Wertvorstellungen in der Gesellschaft honorieren Erfolg durch Genialität oder Fleiß und Konformität. In anderen Ländern oder in Bereichen des neuen Arbeitens und im Start-Up-Umfeld sieht es anders aus. Zum Beispiel im Design Thinking, einer mittlerweile über 30 Jahre alten Innovationsmethode (soviel zum Thema „New“ Work…), ist Scheitern bzw. alles als Prototyp zu verstehen und immer wieder „neu zu machen“ Teil der Methode und Voraussetzung, um Innovationen überhaupt erst möglich zu machen. Scheitern ist wichtig, um schnelle Updatezyklen zu haben und um sich so iterativ passenderen Problemlösungen zu nähern. Scheitern ist somit weder Makel, noch etwas, das man vermeiden oder wovor man Angst haben muss, sondern etwas, das man zwingend braucht, um weiter zu kommen.

Da kann man sich doch fragen, woher überhaupt diese Angst vorm Scheitern kommt. Sie kommt (allerhöchstwahrscheinlich) aus dem evolutionsbiologisch ältesten Teil unseres Gehirns – dem Teil, der nach Fressen, Kampf und Geschlechtsverkehr strebt, aber in über 90% der Alltagssituation Fluchtreflexen nachgehen will: Unserem Reptiliengehirn. An oder mit diesen Fluchtreflexen kann man aber arbeiten – mit Reflexion und Übung. Denn ein großer Teil stammt aus unserer Sozialisation über ein Bildungssystem, das aus dem Industriezeitalter und der arbeitsteiligen Welt kommt und die Konformität des Fabrikarbeiters als Role Model hat. Wie das gehen kann, zeigt der US-amerikanische Autor und Speaker Seth Godin in einem spannenden Vortrag zu seinem Linchpin-Buch. Unter anderem zeigt er auf, wie man jeden Tag etwas (er)schaffen kann und damit stückweise sein Reptiliengehirn überwindet bzw. die Angst vorm Scheitern als Indikator für „Ich bin auf dem richtigen Weg!“ nutzt. Der kontinuierlichen Angst vorm Scheitern kann man so auch etwas Positives abgewinnen: Wenn wir unsere Angst überwinden oder produktiv nutzen, können wir unsere kreativen Potenziale entfalten und überwinden so den Zustand des Rädchens im Systems, die Rolle des gehorsamen, funktionierenden Fabrikarbeiters und werden so zum Künstler in unserer jeweiligen Domäne.

Das Scheitern und das Nutzen unserer Angst davor ist somit der Schlüssel zu unserer Künstlernatur. Dem Scheitern wohnt somit nicht nur etwas produktiv-kreatives, sondern auch etwas künstlerisch-ästhetisches inne. Es ist somit die Grundlage für Schönheit und Würde des Individuums. Dass dem Scheitern etwas spektakulär Schönes innewohnen kann, zeigt z.B. Erik Kessels in seinem Büchlein „Fast Pefrekt“. Leseempfehlung!